Green River

Einer der ersten Songs, der mir im Sommer 1969 aus dem funkelnagelneuen UKW-Radio direkt is Ohr wurmte, war „Green River“ von Creedence Clearwater Revival; ein Klangmix, der seinesgleichen suchte. Die Rythmusgitarre gemahnte an eine keifende Hexe im Streit mit einem ebenso keifenden Sänger, dessen hallverstärkte, kaum verständliche Stimme was von barfüßigen Mädchen im Mondlicht quäkte, zerhackt von einer Snare Drum mit dem Timbre einer leeren 5-Liter Essiggurken-Dose. Well ……………! Jedesmal, wenn diese Scheibe abging, beschlich mich ein unheimliches Gefühl. Mochte der Text auch einen lieb gewonnenen Flecken Erde rühmen, die Musik dazu war aggressiver Garagen-Rock‘n’Roll, dem eine drohende Unerfüllt­heit aus jeder Pore drang, auch wenn zwischendurch – speziell bei der Well ………….!-Bridge – so etwas wie Versöhnlichkeit durchklang. Echt spooky.

Neulich war es wieder einmal so weit, dass ich mir diesen Song reinziehen musste. Und weil ich ein Kind der Zeit bin, suche ich zu diesem Zweck nicht mehr wie früher minutenlang in meiner CD-Sammlung, sondern setz mich einfach an den PC und google. Habe ich früher noch brav „youtube“ eingegeben, so tippe ich heute nur mehr den Titel ein und dazu den Video-Button. Bei Eintippen des Titels achte ich darauf, wie schnell mir der Google den richtigen Begriff vorschlägt; manchmal ist das bereits nach ein paar Buchstaben der Fall.

Diesmal musste ich elendslang tippen, weil mein Objekt der Begierde einen über­mäch­tigen Gegner hatte: den Green River Killer, einen besonders netten Zeitgenossen, den ich schon aus dem Lexikon der Serienkiller kannte. Als ich dann endlich den Song anklickte, die nächste Überraschung: Jemand hatte diesen mit einem Blair-Witch-Project-Marsch durch Schilf und Gestrüpp illustriert, der unter grünlich schimmerndem Wasser endet. Man spürte förmlich, wie die wilde Natur einem entfesselten Monster zur idealen Umgebung wurde.

Sowas verstört vor allem einen, der wie ich CCR als biedere Country Rock Band in Erinne­rung hat, die in den wilden Siebzigern wie zum Trotz hauptsächlich Lieder über Regen oder aufzie­hende Un­wetter, ein Dampfschiff, Erlebnisse als Musiker, fröhliches Herumziehen und freudiges Heimkommen schrieben. Ich brach das Hör­erlebnis ab und googelte mir den Killer. Dieser war Jahrgang 1949, also 20 Jahre alt, als der Song rauskam. Nicht nur das, zu dieser Zeit lernte er laut Wikipedia seine erste Frau kennen. Drei Jahre später ging er regelmäßig mit seiner zweiten Frau an den Green River, um dort mit ihr Outdoor-Liebe zu machen. Eigent­lich wollte er sie erwürgen, aber es kam nie dazu. Nach der Scheidung erwürgte er dann stell­vertretend für sie zahlreiche Prostituierte und deponierte diese am Green River, an seinem ganz persönlichen, lieb gewonnenen Flecken Erde. Ich werde das Gefühl nicht los, dass CCR und ihre barefoot girls dancing in the Muna-lahí ihn dazu inspiriert haben. Spooky genug klingt der Song ja. Well …………….!

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