Räuberschlacht oder das Rezept

Vor vielen, vielen Jahrhunderten, eigentlich nur vor vier Jahrhunderten und ein paar Dekaden, in einem fernen, aber bereits sehr modernen Land, gab es einmal einen unanständig attraktiven Joachim Jürgen Hans Peter Jochen und einen vollkommen unscheinbaren Boso. Beide ihres Zeichens Lehrlinge und in ihren Wanderjahren. Damals waren Wanderjahre wirklich hart, hatten meist nichts mit parteipolitischen Jahreszeremonien zu Beginn des Wonnemonats Mai zu tun, dauerten dafür aber umso länger. Joachim Jürgen Hans Peter Jochen und Boso hatten sich an einer Wegkreuzung ihrer Wanderjahre getroffen und schlugen gemeinsam nach kurzem Personalienexchange der Wegkreuzung ansehnlichstes Kind ein.

Beide schlenderten einfach tagelang Richtung Stadt dahin, vertrieben sich die Zeit mit dem Erraten der Farbe des nächst vorbeikommenden Holzkarren, oder mit der Erforschung, was denn Joachim Jürgen Hans Peter Jochens Beruf sei. Joachim Jürgen Hans Peter Jochen war nämlich Zirkelschmied. So weit so gut, doch wussten beide nicht, was man als Zirkelschmied wirklich tat. Boso selbst war Bäcker, hatte noch nie etwas von Zirkelschmieden gehört, somit keine Ahnung. Joachim Jürgen Hans Peter Jochen wusste nichts über diesen Gildenblindarm, da eigentlich dieses Handwerk schon lange ausgestorben war, doch auf der Suche nach Nischenmärkten und somit auf unerhofften Reichtum in ihrem sich im Krieg befindenden Königreich hatte er sich entschieden aufs Ganze zu gehen und machte sich so als Zirkelschmied durchs Land. Das hatten ihm auch seine Zieheltern empfohlen, bei denen Joachim Jürgen Hans Peter Jochen aufgewachsen war.

„Ich habe Angst, Joachim Jürgen Hans Peter Jochen!“

„Wovor hast du Angst, kleiner Boso?“

„Vor uns liegt ein dunkler Wald. Man sagt, im Wald hausen Räuber, und wenn wir nicht von Räubern im Wald überfallen werden, dann von Soldaten, und wenn dort weder Räuber noch Soldaten, oder aber auch schludrige Söldner hausen, werden wir mit Sicherheit von wilden Tieren zerfetzt.“

„Scheiß dir nicht in den Wams, kleiner … , wo bist du überhaupt?“

„Hier, Joachim Jürgen Hans Peter Jochen!“

„Verdammt bist du unscheinbar, Boso. Was sollen uns die Räuber, oder verstreute, streunende Soldaten schon wegnehmen? Wir haben doch nichts. Moment, da fällt mir ein, dass ich meinem Oheim dieses nette, kleine Rezept in die Stadt bringen soll. Sollen uns die Räuber wegen eines Rezepts töten? Falls wir auf räuberischen Widerstand treffen, geben wir ihnen einfach, was sie wollen. Und das ist bekanntlich Nichts, und für Nichts tötet man auch niemanden.“

„Ein paar Silbertaler haben wir aber schon.“

„Das musst du ja niemanden sagen.“

„Und die wilden Tiere?“

„Ein Wald besteht doch meist aus Bäumen, und wir werden sicher einen finden auf den wir klettern können, sollte uns was wirklich Böses, uns fressen wollendes begegnen. So einfach ist das.“

„Joachim Jürgen Hans Peter Jochen, du bist nicht nur unverschämt attraktiv, sondern auch noch sehr klug. Das findet man ganz, ganz selten. Ich fühle mich sicher bei dir. Also los in den Wald! Auf in die Stadt!“

So setzten die beiden Helden ihre Füßchen in den dunklen, dichten Wald und es geschah überhaupt nichts. Gelangweilt, da die Erwartungen bezüglich eines Überfalls, oder einer Fleischwunde von einem reißenden Tier ziemlich hochgeschraubt waren, kehrten sie in einer Waldschenke ein, denn obwohl der Wald elendiglich dunkel, hatten die beiden trotzdem gemerkt, dass Nacht sich über das Königreich breit gemacht hatte und beide fühlten sich sowieso ganz schön geschlaucht und hungrig. In der Waldschenke selbst brannte ein wildes Feuer im Kamin, zehn miesfies aussehende und stinkende Gäste machten sich an der Theke und an den wenigen Holztischen breit. Dem Joachim Jürgen Hans Peter Jochen grauste es, doch fasste er seinen unverschämt großen Mut zusammen, ging zum Hausherren und bat ihn um ein Zimmer, einen oder zehn Drinks und etwas zu Essen. Er bezahlte, beide gingen über die knarrenden Holzstiegen in den ersten Stock, wo sich die Unterkünfte befanden, um sich’s dort einzurichten und um zu Essen.

Der sehr ungebildete und plumpe Wirt brüllte ihnen nach:

„Hey, ihr zwei Schwuchteln. Kein Essen auf Zimmer!“ Die Message war klar, so aßen und tranken sie im Schankraum, hatten ein bisschen Angst vor den dunklen Gestalten um sie, und wollten sich erst danach ihr Zimmer für einen ordentlichen Schlunz zurecht richten. Doch kurz bevor sie die den ersten Stock erreicht hatten trat ein unglaublicher Brocken an Mensch die Eingangstür auf, die Tür brach beinahe aus den Angeln, die miesen, fiesen Gestalten im Schankraum sprangen auf und schrieen: „Heil, ähm, Gruß meinem Führer, ähm, meinem Räuberkönig!“

„Seid gegrüßt, meine undankbaren, mir in den Arsch kriechenden, Handlanger. Seid gegrüßt“, brüllte der Brocken mit tiefer, Wände beugender Stimme.

Joachim Jürgen Hans Peter Jochen und Boso, ein ziemlich unangenehmes Unheil ahnend, flüchteten in die nächste Tür im ersten Stock, blieben aber nicht lange, da nicht einmal einer der beiden Platz in der Abstellkammer hatte und so sprangen sie in das nächst gelegene Gästezimmer und schlossen die Tür hinter sich.

„Was willst du in meinem Zimmer? Wow, was bist du für ein unanständig attraktiver Mann?“ hechelte vor Schreck und Staunen eine wirklich sehr ansehnliche Frau in fürstlichen Gewändern.

„Danke zuerst für das „unanständig attraktiv“. Was wir hier wollen? Uns verstecken.“

„Da hast du dir aber wohl den dümmsten Platz auf der ganzen Welt ausgesucht. Denn unten hab’ ich die Stimme vom Räuberkönig Eberhard gehört, und der wird mich gleich holen kommen, wenn du nichts dagegen unternimmst. Denn ich bin eine schöne Fürstin und nicht wenig Gold wert.“

„Was sollen wir schon gegen ihn und seine Mannen ausrichten können? Wir sind nur Lehrlinge, haben keine Waffen und überhaupt sind wir gegen Gewalt.“

„Warum sprichst du im Plural?. Bist du vielleicht doch ein kleiner Fürst, ewig verfolgt von den bösen Rohlingen dieser Welt? Lügst du mich vielleicht ein wenig an?“

„Eigentlich nicht. Verdammt, Boso, wo bist du?“

Boso war nicht nur unglaublich unscheinbar, Boso ging auch leicht verloren. Wahrscheinlich, weil er so unscheinbar war.

„Mein Freund Boso ist, na ja verloren gegangen. Vergiss es. Also, was soll ich schon gegen die Räuberband ausrichten können?“

„Verteidige die Stiege, du Narr.“

„Nein, das mach ich sicherlich nicht.“

„Ok. Dann müssen wir uns etwas anderes überlegen.“

Während der Räuberkönig zum wiederholten Male in den ersten Stock plärrte, dass sich die Fürstin ergeben sollte und, dass jeglicher Widerstand zwecklos sei, erbat die Fürstin mehrmals ein bisschen Bedenkzeit, um vielleicht doch noch eine Fluchtmöglichkeit zu finden. Der Räuberkönig willigte ein und forderte sie auf innerhalb der nächsten Zeit mal in den Schankraum zu kommen, um sie zu entführen.

„Was machen wir jetzt, mein unglaublich attraktiver Retter?“

„Schwierig. Schwierig. Schwierig.“

„Das weiß ich auch.“

„Sag mal, hast du nicht irgendeinen Diener bei dir? Reist du ganz alleine durch die Gefilde?“

„Mein Diener? Der hatte einen leichten Anfall von Tod. War schon bei uns am Hof stark suizid gefährdet. Jetzt ist er zwar nicht mehr gefährdet, aber tot ist er auch unbrauchbar. Wenn du aus dem Fenster blickst liegt da unten ein Patzen Mensch.“

„Und eine Leibgarde?“

„Ich wollte mich hier eigentlich mit meinem Liebhaber treffen. Die Leibgarde wäre mir da nicht sehr behilflich gewesen. So ist mir allerdings der Räuberkönig Eberhard zuvorgekommen. Seine Mannen haben meinen Liebhaber kurz und klein geschnitten, ich glaube der Wirt hier hat ihn gleich zum Gulasch gemacht, und nun warten die Räuber nur auf meine Bereitwilligkeit mich entführen zu lassen.“

„Mir ist schlecht.“

„Aber Moment, du bist doch sicherlich nicht nur optisch anziehend, sonder auch blitzgescheit! Mach’ dir jetzt sofort einen Kopf über unsere Rettung. Das ist ein Befehl, du unanständig attraktiver Untertan!“

„Moment, natürlich bin ich das alles. ANZIEHEND! Natürlich. Mir schwebt da eine außerordentlich selbstlose Rettungsaktion vor. Zieh dich aus, meine Fürstin!“

„Nicht jetzt. Erst, wenn du mich gerettet hast.“

„Nein, ich meine, zieh dich aus, um unsere Kleider zu tauschen. Dann bin ich die unanständig attraktive Fürstin und du ein sehr ansehnlicher Lehrling in seinen Wanderjahren, der sich hier verstecken wollte. Ihr kommt mich halt dann später mit eurer sicher toll ausgebildeten Armee retten, belohnt mich ein bisschen und führt mich zu meinem Oheim, dem ich noch ein Rezept aushändigen soll.“

„Klingt super, mein Retter!“

Beide tauschten ihre Kleider und nach dem letzten Aufruf des Räuberkönigs atmete Joachim Jürgen Hans Peter Jochen noch einmal tief durch, um wenig später die Stiegen in den Schankraum hinunterzustolpern, denn der Fürstin Stöckelschuhe waren nicht gerade seine Sache gewesen.

„Gute Idee Prinzessin,“ brüllte der Eberhard ihm entgegen, „Ist noch jemand da oben? Oder reist du alleine durch das Land. Das kommt mir sehr seltsam vor. Wo ist dein Diener?“

Mit gesüßter Stimme der Joachim Jürgen Hans Peter Jochen: „Der ist tot. Suizid. Aber wenn ihr mir nicht glaubt, dann kann jeder eurer stinkenden Commis ja nachsehen gehen, und sollte einer nur irgendwas Lebendiges im ersten Stock finden, dann kann jeder einzelne mich sofort auf der Theke nehmen!“ Lüsternes Raunen im Schankraum. Da ließ sich der Boso am Stiegengeländer blicken.

„Ok. Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil. Wenn jemand irgendetwas Lebendiges dort oben sehen sollte, dann könnt ihr mich widerstandslos entführen.“ Enttäuschtes Raunen im Schankraum.

„Du bist ein schlaues Mädchen, Fürstin. Also hop, hop, verdammt bist du attraktiv, Fürstin, lasst uns die Pferde satteln und in unser Versteck in der Nähe des Südtores der Stadt, unweit vom Fluss, am Schwanensee- See, wo eigentlich nur noch zwei federlose Schwäne herumgurken, dort wo die Bärenhöhlen sind, reiten.“

„Kein Problem“, so der tapfere Joachim Jürgen Hans Peter Jochen, der jetzt als Fürstin unterwegs war, bewaffnet einzig mit einem Rezept für seinen Oheim. Was in späterer Folge mit dem Boso geschah, weiß man nicht, aber der kommt in so vielen anderen bekannten Märchen vor, wo er gar nicht erwähnt wird.

Tja, nachdem unser Joachim Jürgen Hans Peter Jochen in einer Holzhütte im Räuberversteck eingesperrt wurde, war auch schon das Erpresserbrief geschrieben, in welchem der Räuberkönig Eberhard zweitausend goldene Silbertaler vom Regenten für die Rückführung der Fürstin forderte. Man wartete Tage, ja der Räuberkönig war auch geduldig, sogar Wochen wartete man auf die Antwort des Regenten, denn die wirkliche Fürstin war ja längst schon wieder am Hof zurückgekehrt und so tat der Regent den Erpresserbrief als Witz ab. Irgendwann hatte die Geduld des Eberhard auch ein Ende, las den ersten Entwurf seines Erpresserbriefes durch und fand heraus, dass er eigentlich gar kein Zeitlimit für die Lösegeldübergabe gesetzt hat. Da wurde er grantig, fuhr mit härteren Geschützen auf und drohte im zweiten aufgesetzten Erpresserbrief sogar mit der Ermordung der Fürstin, sollte das Geld nicht innerhalb der nächsten Zeit an der tiefsten Stelle des Sees vor seinem Verstecks geworfen werden. Der zweite Brief wurde hastig vom Räuberprinzen Sepp, ein anonymer Scholast, lektoriert und wie der erste an den Fürstenhof geschickt. Der Fürst lachte laut und furzend in das Satin seines Regentenstuhls. Die Tränen kamen ihm vor lauter Spaß. Und im Trubel seiner eigenen Heiterkeit kam ihm eine geniale Idee.

Der Joachim Jürgen Hans Peter Jochen war gar nicht so wirklich traurig, dass er da in einem Frauenkleid in irgendeiner Holzhütte wochenlang herumlungerte. So entdecke er seine Leidenschaft für Frauenkleider und verfluchte irgendwann mal das Faktum, dass er als Mann den Bauch seiner ihm unbekannten Mutter entflohen war. Er wurde sogar ganz unrund, als er durch ein Astloch seines Schuppens der Räuberbrut zusah wie sie sich einmal im Monat am nah vorbeifließenden Bach auszogen und sich wuschen. Seine Männlichkeit versagte unermesslich, verlor die tiefe Stimme, verlor Mimik und Gestik, die ihn als Mann verraten hätten können. Und das Räuberpack, welches auch nach dem zweiten Erpresserbrief schon monatelang auf die Antwort des Regenten wartete, war auch schon ganz spitz auf die Fürstin, auch der Eberhart, denn wie gesagt, die Verkleidung des Joachim Jürgen Hans Peter Jochen machte ihn nicht wirklich anständig unattraktiv, und sein Bartwuchs hielt sich auch in den Schranken der Nichtexistenz. Aber wie es mit den knallharten Männern und dreistesten Räubern so ist, waren sie auch ein bisschen schüchtern und wagten kaum mit dem Joachim Jürgen Hans Peter Jochen zu reden. So warfen sie im Schutz der Nacht, geheim, so dass niemand der anderen Kumpels was mitbekam, nett gebündelte Wiesenblumensträuße durch das kleine Fenster der Holzhütte. Sie gingen sogar zum anonymen Scholasten Sepp, ließen sich feine Verse reimen, welche sie im Vorbeigehen durch das Astloch steckten. Das brachte den Joachim Jürgen Hans Peter Jochen fast um den Verstand. Wilde Leidenschaft entfachte dieser geile Betrieb. Hinaus wollte er nach Monaten, um sich endlich um die ausnahmslos willigen Räuber zu kümmern. So sehr gingen ihm die heimlichen Präsente der Wilden zu Herzen. Aber der Eberhard war da hart, hatte er auch als einziger den Code für den Tresor für den einzigen Schlüssel zum kaputten Schloss der Hütte, die eigentlich nur mit einem Balken versperrt war.

Aber Geschäft ist Geschäft und so wollte der Eberhard unbedingt das Geld, die Beute, denn irgendwie musste er seine Nasenbohrer auch auszahlen. Also ein dritter Erpresserbrief, worin er den Fürsten bat doch endlich das Geld zu schicken. Als Beweis, dass die Fürstin noch am Leben ist, schickte er den blinden Johann mit dem Erpresserboten an den Fürstenhof, der ein paar Wörtchen von Joachim Jürgen Hans Peter Jochen rezitieren sollte. Aber was der blinde Johann und der Bote am Hof anfanden übertraf ihre kühnste Vorstellung. Statt traurige Trostlosigkeit empfing sie ein augenberauschender, bunter Maskenball am Fürstenhof und viel gute Musik. Ausgelassenes Treiben, wildes Werben, tiefes Trinken, und tolles Tanzen war da am Hof angesagt. Eigentlich wollten sie gleich mitmachen, doch der blinde, und daher doch etwas fade Johann überredete den Boten doch zuerst zum Fürsten zu gehen.

Der Fürst saß im Satin, der Bote las den Brief vor und der Fürst krümmte sich vor lauter Lachen, bis er auf den von Konfetti und Girlanden bedeckten Steinboden fiel. Und dann kam auch noch der blinde Johann zum Zug. Mit der verstellten Stimme von Joachim Jürgen Hans Peter Jochen gab er das Lebenszeichen der vermeintlich entführten Fürstin wieder: „Ich will euch streicheln, eure kleinen geilen Unschuldsräuber plündern. Greift mich an! Greift mich an! Holt mich hier raus. Ich will was von euch. So lasst mich doch frei!“ Da war’s um den Fürsten geschehen. Unbemerkt wankte er vor lauter Lachen in ein Kämmerchen, wo er einem Herzinfarkt erlag. Das rauschende Fest ging aber munter weiter. Nur die Fürstin wurde noch auf die verstellte Stimme aufmerksam und erinnerte sich plötzlich an eine Episode in der Waldschenke. Wusste aber nicht mehr genau, was dort geschehen ist. Dann blickte sie sich um, dachte nach, kratzte mit ihren langen Fingernägel ein paar Steinchen aus der Mauer, dachte wiederum sehr lange nach, starrte in den Maskenball, spielte mit ihrem Drink, bestellte aber noch drei weitere, starrte wiederum in das Maskenballgewirr, und das war auch der ausschlaggebende Faktor, warum sie sich plötzlich an ihren Retter erinnern konnte. Ja, es war der Maskenball. Gewandtausch. Das klingt plausibel.

Schlecht fühlte sie sich auf einmal, dass sie sich so gedankenlos in den letzten Monaten amüsiert hatte, ohne nur einmal an ihren Retter zu denken. Und schon war der Maskenball abgeblasen. Als nächstes wurden der Bote und der blinde Johann festgenommen, die sich gerade mit den Mätressen des Fürsten rar und lustig gemacht hatten. Ein Katastrophenzug der besten Soldaten wurde zusammengestellt und eine Rettungsoperation gestartet.

Im Eilmarsch verließ der nicht mehr ganz nüchterne Katastrophenzug den Fürstenhof Richtung Räuberversteck. Der Bote und der blinde Johann gaben bereitwillig ohne Bedingungen den Weg bekannt, während die Buhlerein um den Joachim Jürgen Hans Peter Jochen im Räuberlager außer Hand gerieten. Der Eberhard hatte die Kontrolle über seine Kollegen verloren, die Räuber machten sich schon an der Holzhütte zu schaffen, da stolperte der Katastrophenzug in den Hort der Übeltäter.

Na, da brach vielleicht ein Chaos aus. Die Räuber griffen zu den Waffen, der Eberhard hatte plötzlich wieder die volle Kontrolle über seine Mannen, der Katastrophenzug hatte bereits wohl vorbereitet auf eine mögliche blutige Auseinandersetzung die Waffen fest in den Fäusten. Ein grimmiges Grölen, ein tausendfaches Klirren der Schwerter und die markgefrierenden Todesschreie lockten eine sehr gelangweilte, desertierte Söldnergruppe aus dem Wald an den Ort des Gemetzels. Kurze Verhandlungen fanden statt, wem die Söldnertruppe vorübergehend ihre Dienste anbieten dürfe, eine lange Streiterei folgte, da man sich nicht einigen konnte, somit genug Zeit für ein paar Erholungsdrinks für die Kampfmannschaften, und so ging schließlich die Söldnertruppe auf beide bereits kämpfenden Parteien los. Noch größeres Gegröle, noch mehr Klirren, noch mehr Todesschreie. Dies brachte wiederum die wildesten, bösartigsten und vor Hunger tollwütigsten Bestien des dunklen Waldes in das Geschehen. Und die Bestien fragten eigentlich niemanden, wem sie den Arm abrissen, oder das Bein wegfetzen sollten. Die Ungetiere warfen sich einfach in das Gewühl und hielten nicht inne, bis das Räuberversteck vollends in Blut und Gekröse versank. Hie und da war sogar ein blitzender Zauberstab im Gemenge zu sehen. Also auch manche Magier hatten ihren Spaß am letalen Gerangel. Wie die Zauberer dazukamen, weiß allerdings niemand.

Was blieb eigentlich vom Katastrophenzug, von den Söldnerlümmeln und dem Räuberpack über? Nicht so wenig, wie man annehmen könnte. Als sich der Staub der Schlacht hob, verzogen sich die wilden Bestien wieder in den Wald, nachdem sie ihren Hunger gestillt hatten und dann regten sich doch noch die einen und anderen Überlebenden. Was für dieses Märchen wichtig ist, wäre zu erwähnen, dass der Joachim Jürgen Hans Peter Jochen in seiner Holzhütte überlebte. Der Eberhard überlebte zwar auch, harakirisierte sich aber, nachdem er einen nackten Joachim Jürgen Hans Peter Jochen freigelassen und der ihm einen der tiefsten Zungeküsse, die das Fürstentum je erlebt hatte, verpasste. Doch wie die Fürstin den nackten, jetzt noch unverschämt attraktiveren Joachim Jürgen Hans Peter Jochen so dastehen sah, mit einer gewaltigen Freude zwischen den Beinen, befahl sie den restlichen Überlebenden sich einen schönen Tag auf ihrem Schloss zu machen. Unter dem Oberbefehl des verbliebenen Katastrophenzuges zogen die Verwundeten Richtung Schloss, die Fürstin zog den Joachim Jürgen Hans Peter Jochen in den Schuppen und machte ihn wieder über mehrere Stunden hinweg zum Mann.

Der Joachim Jürgen Hans Peter Jochen zog wenig später dann im Schloss ein, dem toten Fürsten trauerte die Fürstin gar nicht mehr nach und beide waren miteinander sehr, sehr zufrieden und glücklich. Nur kurz vor der Hochzeit wurde es dem Joachim Jürgen Hans Peter Jochen noch einmal mulmig. Er hatte ganz auf das Rezept vergessen, welches er seinem Oheim bringen hätte sollen. Doch die Fürstin meinte, dass das Rezept ihm doch scheiß egal sein soll, denn es wird ihm nie mehr an irgendetwas fehlen. So war es ihm auch scheiß egal und wenn sie nicht gestorben sind, dann ist es wohl mehr als logisch, dass sie noch immer irgendwo unter uns weilen. Und genauso logisch ist es dann, wenn die beiden nicht gestorben sind und auch ihre Hofmagier nicht gestorben sind, dann werden sicherlich auch noch die Hofmagier leben, und so beschäftigen sie sich sicher auch heute noch mit der Erforschung des Berufs des Zirkelschmieds, denn genau das war die erste Aufgabe, die er als Fürst seinen Funkenwirblern gab.

© Michael Luger

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