Was ich schon immer sagen wollte

Gestern fuhr ich mit der Straßenbahn,

da sah ein Mann mich an,

und dieser Blick gefiel mir überhaupt nicht.

Er schaute mir nämlich nicht gleich in die Augen,

sondern gaffte ganz dämlich zuerst mal auf meinen Busen,

auf alles unter den Blusen und Pullis und Hosen

mit einem ganz großen

und ungenierten Blick.

Das fand ich überhaupt nicht schick und starrte zurück,

und da denkt der Typ, er hätte Glück – und grinst zurück.

Und ich denk mir: In was für einer Welt leben wir denn, wo die Typen denken,

sie könnten sich die Hälse verrenken und mit den Blicken an dir kleben

als wärst du ein Auto oder sonst irgendein Ding, das man kaufen kann,

das nicht laufen kann und denken und fühlen und so?

Dann stieg ich aus und dachte mir: Was für ein armer Tropf,

hat der denn gar nichts im Kopf

oder im Herz?

Es bereitet mir Schmerz, so behandelt zu werden,

und mehr noch, wenn meine Beschwerden

ob dieses Zustands mit einem Lächeln abgetan werden,

so a la: Kind, das ist doch nur ein Rind,

mach dir doch keine Sorgen, es gibt ja noch andere Männer,

sie sind nicht alle wie Penner,

sondern diese sind Kenner deiner Bedürfnisse,

mit denen gibt’s keine Zerwürfnisse, die wissen, was sich gehört.

Doch wissen die auch, was mich so stört an diesem Verhalten,

an all dem geballten Schwachsinn, den ich mir immer noch anhören muss,

all diesen Stuss von wegen ‚Frauenrollen‘ und anderen tollen

Dingen wie Mars und Venus, was für mich so viel heißt,

dass man ja eh nichts tun muss oder kann

gegen die Unterschiede von Frau und Mann,

weil das eben so sein muss.

Also, für mich ist das Stuss, und ich sage es laut,

weil mich ja eh niemand haut –

denn ich bin eine Frau. Ja, genau!

Oder all die Leute, die mir auch heute,

in unserer ach so aufgeklärten Zeit, über den Weg laufen

und das große I als Blödsinn verkaufen –

wer braucht das schon, das ist doch nur ein Hohn

für unsere deutsche Sprache

und ist keine Sache, die irgendwie von Wichtigkeit ist.

Ich find das nicht so toll, wenn wer auch noch auf unsere allgemeine Nichtigkeit pisst – Entschuldigung, doch es muss schon mal gesagt werden,

dass das nicht nur meine Beschwerden

sind, sondern die von tausenden Frauen,

die sich im Dunkeln nicht auf die Straße trauen,

die sich gefallen lassen müssen, dass Typen blöd schauen

und darauf bauen, dass sie im Recht sind,

weil sie niemals Knecht sind oder waren in einem System,

das nicht nur den Haaren oder der Kleidung,

sondern auch den richtigen Paaren und sonst allerlei Dung

soviel Bedeutung zuschreibt,

wo aber das Hirn und das Gefühl auf der Strecke bleibt

in all dem Gewühl von wichtig und richtig und nichtig.

Und sagt jetzt nicht, das sei alles zu vielschichtig,

um so einfach in einen Topf geworfen zu werden –

da greif ich mir nur an den Kopf,

denn genau das ist das Problem dieser Diskussion,

für mich ist es ein Hohn, dass genau die, die diesen Brei kochen

dann immer drauf pochen,

dass man ihn nicht mit vollen Löffeln austeilen soll.

Ja, aus mir spricht der Groll,

denn ich find das alles grad nicht so toll,

und ich hab ein Recht darauf, gehört zu werden

mit all jenen Beschwerden, die Frau-Sein in unserer Welt nun halt mal so mit sich bringen. Das beginnt mit kleinen Dingen in Straßenbahnen

und endet schnell mit Fahnen, auf denen ‚Patriarchat‘ steht,

das dann die Dinge so verdreht, wie sie zu sein haben in einer Welt,

die manchen Frauen sogar vergällt,

auf die Straße zu gehen ohne Schleier –

was soll das, zum Geier?!?

Ich könnte noch ewig weiterkochen,

immer und immer wieder drauf pochen,

dass ich und viele andere ja nur die gleiche Achtung wollen,

die Männern zu zollen kein Problem ist.

Ich weiß, dass das nicht bequem ist, meine Schimpferei,

doch hey – ich bin auch nicht das Ei

des Kolumbus und weiß,

wo die Welt hin muss,

sondern ich sage nur das,

was mich so beschäftigt und was das tägliche Leben immer bekräftigt

für mich als Frau –

ja, genau!

© Eva Kuntschner, Jänner 2002

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